Zeittafel
Die Baureihe 420 und die Stuttgarter S-Bahn
6. Juli 1990
Mit der Abnahme von 420 415 geht der erste ET420 einer neuen Generation in den Bestand des Bw Plochingen über.
Mit der 7.Bauserie wurde nach einer Produktionspause von ca. 8 Jahren die Herstellung dieser bewährten Baureihe wieder aufgenommen.
Die modifizierten 420er kennzeichnen sich für den Fahrgast durch die breiten Schwenktüren und die transparente Innengestaltung mit Systemsitzen (in der 2.Klasse mit grauem Polster), die dem Redesign-Programm der 90er bereits vorgriff.
Für das Fachpublikum sind zusätzlich die verstärkte Bremsleistung der Fahrzeuge und die modernere Elektronik besondere Merkmale.
Nicht zuletzt fiel dem Kenner das Vorhandensein von nur noch einem Stromabnehmer auf, eine Konstellation die sich auch bei älteren Fahrzeugen zunehmend einstellen sollte.
In den darauffolgenden Monaten wurden insgesamt 25 Einheiten an das Bw Plochingen ausgeliefert. Für den Bau der Fahrzeuge zeichnete sich ein Herstellerkonsortium bestehend aus AEG, DUEWAG, MAN, MBB und Siemens verantwortlich. Dies war gleichzeitig einer der letzten Produktionen für die Deutsche Bundesbahn, das nach dem alten, gleichmäßig verteilten Auftragsvergabesystem erfolgte.
17. Mai 1992
Zur Eröffnung der neuen Munich-Airport-Line zum Flughafen "Franz-Josef-Strauss", hilft das Bw Plochingen in München mit einigen Fahrzeugen der 7. Bauserie aus. Die Fahrzeugindustrie konnte den Liefertermin von insgesamt sechs neuen 420ern zum Start der S8 in München nicht fristgerecht einhalten.
So waren statt der hellblauen Schwenktürer, zu Beginn orange-weisse Plochinger unterwegs die aber zumindestens seitlich das obligatorische "M" hinter den Führerständen trugen.
Diese grossen "M´s" waren zur deutlichen Kennzeichnung der Triebzüge als "Flughafen-München-Linie" in hellblau gehalten.
Vor der Rückkehr der Aushilfs-420er, tauschten diese Einheiten das grosse "M" durch ein kleines Wappen mit dem Münchener Kindel.
Sinngemäß findet darunter die Hilfeleistung der Plochinger Triebzüge in kurzen Worten eine würdigende Erwähnung.
5. Dezember 1992
Die S1 folgt der Gäubahn von Böblingen bis Herrenberg. Mit 60 Km ist die S1 damit die längste S-Bahn-Linie im Stuttgarter S-Bahn-Netz.
18. April 1993
Eröffnung der Flughafenbahn von Oberaichen zum Stuttgarter Flughafen. Die S2 und S3 enden fortan im Kellergeschoß des neuerbauten Terminals. Mit der Streckeneröffnung zum Flughafen wird auch gleichzeitig der Hp Österfeld eingeweiht und zwischen Rohr und Oberaichen geht das zweite Gleis in Betrieb. 420 416, der zu diesem Zeitpunkt das Wappen von Leonberg trug, war der führende Triebwagen des Eröffnungszugs.
Damit ist die vierte Ausbaustufe abgeschlossen.
Das Stuttgarter S-Bahn-Netz hat seinen ursprünglich geplanten Ausbauzustand erreicht.
19. April 1993 - Mai 1993
"Schmierseifen-Chaos" in Stuttgart. Wegen eines mangelhaften Schmierfettes fällt binnen kürzester Zeit nahezu der gesamte Fahrzeugpark des Bw Plochingen aus. Da die Verschleißursache lange Zeit im Dunkeln blieb, mussten ET420 der Frankfurter und Münchener S-Bahn als Ersatzzüge einspringen. Da die Anzahl dieser Einheiten jedoch sehr begrenzt war, kamen zudem gewöhnliche Personenzüge zum Einsatz.
» Mehr zu den Ereignissen finden sie im Kapitel "Schmierseifen-Chaos 1993".
23. Dezember 1993
Nachdem am 21. Dezember durch einen Dammrutsch bei Besigheim die Strecke (Stuttgart-) Bietigheim - Heilbronn unterbrochen worden war, wurde ein Notprogramm gestartet, das eine Bedienung der Strecke auf den befahrbaren Streckenteilen vorsah.
Anfangs nur im Dieselbetrieb, erreichten Nahverkehrszüge von Heilbronn kommend Walheim.
Die Züge aus Bietigheim-Bissingen endeten auf der anderen Seite in Besigheim.
Ab dem 23. Dezember war der elektrische Betrieb wieder bis Besigheim möglich.
Es war abzusehen, daß die Unterbrechung ca. drei Wochen dauern würde und so entschloss man sich kurzfristig ET420-Einheiten auf dem südlichen Teilstück der KBS 780 einzusetzen.
Das Bw Plochingen verzeichnete zu diesem Zeitpunkt einen leichten Fahrzeugüberhang.
Da Besigheim die einzige zu bedienende Station südlich des Erdrutsches war, musste auch nur dort ein 96cm-Notbahnsteig gezimmert werden.
Die ET420 pendelten als Eilzüge in den folgenden Wochen zwischen Ludwigsburg und Besigheim.
Auch wenn es nur eine kurzer Zeitraum war, so kann der ET420-Einsatz auf der Neckarbahn zu zwei Epochen gerechnet werden. Die Deutsche Bundesbahn richtete den Ersatzverkehr im Dezember 1993 ein und die Deutsche Bahn AG beendete ihn im Januar 1994 nach Wiederherstellung des verschütteten Teilstücks.
1. Januar 1994
Im Zuge der vom Bundestag beschlossenen Bahnreform, wird die staatliche Deutsche Bundesbahn zusammen mit der Deutschen Reichsbahn in die privatwirtschaftliche Deutsche Bahn AG umgewandelt, die jedoch vorerst zu 100% in Staatsbesitz verbleibt. Das neue Hoheitszeichen, das sich an dem bisherigen "DB Keks" der Bundesbahn orientiert, wird in den ersten Monaten des Jahres 1994 an beinahe allen Fahrzeugen anbebracht. Auch die meisten ET420 werden in kurzer Zeit mit dem neuen Logo ausgestattet.
28. Mai 1995
Durch Taktverdichtungen und Bereitstellung größerer Kapazitäten verdoppelt der VVS das Platzangebot der S-Bahn im Wochenendverkehr.
1. Januar 1996
Die zweite Stufe der Bahnreform tritt in Kraft.
Nun ist der Nahverkehr Ländersache und wird vermehrt auf regionaler Ebene verantwortet.
Im Großraum Stuttgart wird mit einer Neustrukturierung der Organisationsformen reagiert.
So ersetzt der neu gegründete "Verband Region Stuttgart" (VRS) den bisherigen "Zweckverband Nahverkehr Region Stuttgart" (NRS).
Der VRS tritt als "Besteller" der Nahverkehrsleistungen gegenüber den Verkehrsbetrieben auf.
2. Juni 1996
Vollständige Umstellung des S-Bahn-Systems auf den 15 Minuten-Takt. Dies bringt weitere Angebotsverbesserungen mit sich. Für die Taktverdichtungen, vorallem zur HVZ, war die Beschaffung weiterer ET420 der 8. Bauserie nötig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt lief noch die Auslieferung von 27 zuletzt bestellten Einheiten.
22. Mai 1997
Nach erfolgter Revision im Aw Nürnberg erhält Stuttgart mit Einheit 420 377 den ersten 420er in verkehrsrot.
Bemerkenswert ist dabei, daß zur gleichen Zeit 420-Einheiten der 8. Bauserie zur Auslieferung kamen, die noch in orange-weiss auf die Schienen gestellt wurden. Und das, während die verkehrsrote Epoche bereits eingeläutet worden war.
27. Oktober 1997
Mit der Einheit 420 486 geht die Auslieferung der letzten 420-Einheiten für Stuttgart zu Ende. Gleichzeitig geht damit eine 28 Jahre lang währende Bauserie von insgesamt 480 ET420-Einheiten zu Ende. Die Einheit wird an diesem Tag im Aw Opladen abgenommen und in den Fahrzeugbestand des Bh Plochingen aufgenommen. Als Leihfahrzeug gelangt der jüngste Sproß jedoch schnell nach München. Anders als wie bei vielen anderen "420-Gastarbeitern" aus Stuttgart die zu diesem Zeitpunkt in München aushalfen, wurde diese Einheit in den Bestand des Bh Steinhausen übernommen. So ist das Neubaufahrzeug relativ schnell zu einem Bayer geworden. Seine ursprüngliche Bestimmung als Schwabe erkannte man aber zu jeder Zeit noch an dem 1.Klasseabteil, das in München als solches offiziell gar nicht existiert.
Im März 2004 wurde der jüngste aller 420 wieder nach Plochingen umbeheimatet. Zu dieser Zeit wurde Plochingen zum alleinigen Betriebswerk, aller 420 der 7. und 8.Bauserien (80 Einheiten).
23. November 1998
Zu Beginn der HVZ, um 6.15 Uhr entgleist aufgrund eines Schienenbruchs Einheit 420 442ff auf der S2 bei Stetten-Beinstein. 420 381ff führte zwar an diesem Morgen den Vollzug Nr. 4204 an, jedoch entgleiste nur 420 442ff als hintere Einheit.
» Zum Unfallhergang ein ZVW-Artikel.
Einheit 420 381ff kehrte recht bald in den Betriebsdienst zurück, das Schicksal von 420 442ff blieb dagegen fast drei Jahre offen.
Die neuwertige Einheit stand die meiste Zeit im Aw Nürnberg und wurde schliesslich Ende 2001 wieder aufgearbeitet.
Am 20.12. 2001 feierte der nun verkehrsrote 420er in Stuttgart sein Comeback.
4. Dezember 1998
420 390 wird als erstes Fahrzeug der Stuttgarter S-Bahn unterhalb der Führerstandstüren mit dem Logo des "Verband Region Stuttgart" (VRS) ausgestattet. Mehr als ein halbes Jahr bleibt die Einheit mit diesen Aufklebern ein Unikat, dann beginnt man damit sukzessive an allen S-Bahnfahrzeugen das "VRS"-Logo anzubringen.
Bis Mitte 2000 bleiben alle Fahrzeuge mit Patenschafts-Wappen von der Klebeaktion verschont.
Die Baureihe ET423 wird erstmals im Fahrgastbetrieb erprobt. Die Nachfolgebaureihe der ET420 finden in Stuttgart ihre ersten Einsatzmöglichkeiten.
Im Betriebshof Plochingen und von Tübingen aus werden zahlreiche Erprobungsfahrten durchgeführt.
17. bis 20. Juni 1999
Evangelischer Kirchentag in Stuttgart. Sowohl aus Frankfurt wie auch aus München kommen je 10 ET420-Einheiten nach Stuttgart, um das erhöhte Fahrgastaufkommen aufzufangen. In der Wendeschleife an der Schwabstraße wird für die Veranstaltungszeit zur Optimierung des Betriebsablaufs eine zusätzliche Einsatzstelle eingerichtet, die vor Ort auf evtl. Störungen gezielter reagieren kann. Ein zusätzlicher Umlauf wird zwischen Bad Cannstatt und Schwabstraße eingerichtet.
Zur Verstärkung rücken aus München ausschliesslich ET420 der 7. und 8.Bauserie an. Mit 420 466, 468, 486, 488 und 489 kamen auch solche Einheiten an den Neckar, die einmal Ursprünglich für Stuttgart bestimmt waren. Münchens "Schwenktürer", wie auch Frankfurter Fahrzeuge der 4. und 5. Bauserie waren für den Sondereinsatz erwünscht. Außen vor blieben hingegen Münchener Einheiten der 1. und 2. Bauserie, da sich diese als für das Stuttgarter S-Bahn-Netz ungeeignet erwiesen hatten. In dem Kapitel zum "Schmierseifen-Chaos 1993" ist nachlesbar, daß der Bh Plochingen in dieser Angelegenheit bereits ein gebranntes Kind war.
Folgende Leihfahrzeuge waren zu den Kirchentagen in Stuttgart zu Gast.
Aus München:
420 425, 420 426 und 420 428 bis 420 430 (alle 7. Bauserie).
420 466, 420 468, 420 486, 420 488 und 420 489 (alle 8. Bauserie).
Aus Frankfurt:
420 304, 420 305, 420 308, 420 321, 420 323 und 420 324 (alle 4. Bauserie).
420 329, 420 331, 420 356* und 420 361* (alle 5. Bauserie).
*Diese beiden Einheiten waren Plochinger Leihfahrzeuge, die zum Kirchentag kurzzeitig in ihren Heimatbetriebshof zurückkehrten.
Die "Leih-Leih-Fahrzeuge" gingen nach den Veranstaltungen wieder zurück nach Frankfurt-Griesheim.
Mittlerweile sind sie offiziell in den Bestand der Rhein-Main S-Bahn übergegangen.
15. August 1999
Die Einheit 420 364 erleidet einen erheblichen Trafoschaden und wird im Werk Plochingen abgestellt. In der Folgezeit zeichnete sich immer deutlicher ab, dass dieser Triebzug nicht mehr in den Einsatz zurückkehren würde. Das Fahrzeug diente dem Werk lange Zeit als Ersatzteilspender bis es zum 31.8.2001 ausgemustert wurde. Am 29.10.2001 wurde diese Einheit als erster Plochinger 420 überhaupt, zum Verschrotten nach Trier-Ehrang überführt.
Größere Abstellungs- und Verschrottungsaktionen startete das Werk Plochingen erst ab dem Jahre 2003, wobei dann erstmals auch vollständig einsatzfähige Einheiten der 5. und 6.Bauserie nach Trier abgefahren wurden.
13. Dezember 1999
Als Zug 4109 beginnt in Plochingen der erste 423 mit einem Fahrgasteinsatz als S1. Mit fünf Minuten Lichtschrankenverspätung kommt dieser in Herrenberg an. Nach zwei Umläufen scheint es für den Anfang genug gewesen zu sein, da 420 342 die restlichen Leistungen übernehmen muss.
Literaturverweis:
Janikowski, Andreas: Deutschlands S-Bahnen (Transpress, 1994)
Bahn-Special - 150 Jahre Eisenbahn in Württemberg (Gera Nova, 1995)
Broschüren und Linienpläne mit freundlicher Genehmigung des VVS