S-Bahn Stuttgart - Einsatzgebiet der Baureihe 420/421

Das Betriebswerk Plochingen

Ein Betriebswerk mit einen Standort in dezentraler Lage und doch nicht "weit vom Schuß"

Bild: 420 375-8 vor der Werkshalle des Bh Plochingen © Maunel Gründler
Die Werkshallen des Betriebswerks in Plochingen halten 6 Gleise vor, auf denen beinahe rund um die Uhr Fahrzeuge gewartet werden. Genau davor wartet am 8. Juli 2003 der altorange 420 375-8. Links daneben befindet sich die Lehrwerkstatt.
Foto: Manuel Gründler

Wieso wird für ein S-Bahnbetriebswerk gerade ein Standort am Endbahnhof einer der Radiallinien auserkoren? Diese Frage stellt sich so mancher Interessierter, wenn er sich den Linienplan der Stuttgarter S-Bahn betrachtet. Plochingen liegt am östlichen Ende der Linie S1, bereits gut 25 Streckenkilometer vom Stadtzentrum Stuttgarts entfernt. Doch Plochingen liegt nicht irgendwo. Hier zweigt die Bahnlinie nach Tübingen (KBS 960) von der Magistrale nach München (bis Ulm als KBS 750) ab. Das Verkehrsaufkommen war seit je her zwischen Plochingen und Stuttgart aussergewöhnlich hoch. Dies veranlasste auch den bereits recht frühzeitigen viergleisigen Ausbau dieser Verbindung. Die S1 ist im Stuttgarter S-Bahnnetz auch nicht irgendeine Linie. Zur Hauptverkehrszeit müssen die Kapazitäten nochmals erheblich erweitert werden. Im Zwischentakt verkehren Verstärkerzüge, die auch heute noch zum Teil mit ET420 gefahren werden.

Natürlich bieten diese Fakten keine erschöpfende Erklärung dafür, warum nun ausgerechnet Plochingen die S-Bahnzüge beherbergt. Es zeigt jedoch, das Plochingen durchaus eine wichtige Stellung im stadtnahen Eisenbahnverkehr um Stuttgart einnimmt. So wurde bereits weit vor der Realisierung der S-Bahn ein Betriebswerk in Plochingen errichtet. Es war vorallem auf die Instandhaltung von Rangierloks, zumeist Dampfloks, spezialiesiert.

Die Bahn befand sich in den 60er und 70er Jahre Flächen- und Leistungsmäßig auf dem Rückzug. So verlor das Betriebswerk an Bedeutung. Auf dem Weg von Plochingen nach Stuttgart begegnete der Reisende noch weiteren zwei Werken. Elektrische Triebzüge, sie haben in Stuttgart bereits eine lange Tradition, sie wurden im Bw Esslingen unterhalten. Die Maschinenfabrik Esslingen mit ihrem Fahrzeugbau für die Eisenbahn unterstrich die Bedeutung dieses Standortes noch zusätzlich. Weiter entlang der Strecke folgend kam man am Ausbesserungswerk in Stuttgart-Bad Cannstatt vorbei. Hier wurden auch für lange Zeit elektrische Triebzüge auf Herz- und Nieren untersucht. Ab 1978 wurden auch die Triebzüge der Baureihe 420 aus dem Bw Plochingen hier betreut. Größere Reparaturen und Fristarbeiten erledigte der "Haus- und Hoflieferant" noch für mehr als ein Jahrzehnt.

Diese Werke und Fabriken sind mittlerweile alle Geschichte. Nur das Bw Plochingen, seit der Bahnreform als "Betriebshof" (Bh) tituliert, hat an seiner Bedeutung nichts eingebüsst - im Gegenteil.

Bild: 420 950-8 auf der Hebebühne © SEP
Gleis 609, Stellplatz III: 420 950-8 steht auf der Hebebühne, mit deren Hilfe die Mechaniker besser an die Bauteile im Unterflurbereich heran kommen. Von der regelmäßigen Nachschau bis zum kompletten Radsatztausch ist hier alles möglich.
Foto: SEP

1978 ging das grundlegend modernisierte Betriebswerk beinahe Gleichzeitig mit der S-Bahn an den Start. Das Bw Esslingen existierte zwar noch und beherbergte sogar zu Beginn die allerersten 420er für Stuttgart, doch es zeichnete sich schnell ab, dass Plochingen für die Zukunft die Aufgaben alleine übernehmen würde. Dafür war auch vorgesorgt worden. Das Bw Plochingen verfügt über weitläufige Abstellanlagen, auch wenn diese mittlerweile nicht mehr so gut ausreichen wie zu Beginn des S-Bahnzeitalters. Die Werkstatt verfügt über 6 Hallengleise, auf denen rund um die Uhr an den Fahrzeugen gearbeitet werden kann. Unterflurdrehbank, Hebebühnen und Arbeitsbühnen für Wartungsarbeiten an den Dachinstallationen der Triebzüge sind nur drei Beispiele der Wartungseinrichtungen, die in Plochingen vorgehalten werden.

Im Aussenbereich gibt es Stellgruppen für die Innen- und Aussenreinigung der S-Bahnfahrzeuge. Eine Waschstrasse komplettiert das Pflegeprogramm für 420 & Co.



Text: Dirk Mattner
Stand: 2003